La Verna - franziskanischer Tabor
Franziskus auf La Verna
Jubiläumstagung in Zürich
Geschichte kann die Gegenwart inspirieren! Wie fruchtbar das auch über 800 Jahre hinweg gelingt, zeigte sich am 21. September in der Paulusakademie, wichtigstes katholisches Tagungszentrum in Zürich.
Das Bild zeigt die Mitwirkenden, denen die nachmittäglichen Workshops anvertraut waren und die dann zu einem spannenden Podium beitrugen.
In den Workshops ging es um die Gegenwart. Ladies first: Dr. Claudia Mennen, die in der Probstei Wislikofen mit einem innovativem Team eine eigene Schule für Bibliodrama aufgebaut hat, führte zwei Gruppen mit der Jabbok-Erzählung und "BibelWort in Bewegung" auf die Spur eigenen Ringens, das sich als segensreich erwiesen hat. Dr. Almuth Schweikert teilte Erfahrungen einer Psychotherapeutin mit sozial und seelisch Stigmatisierten heute und mit Blick auf Krisen, die zu Chancen werden können. Dr. Ursula Schumacher, Professorin an der Universität Luzern, führte auf packende Art durch Themenfelder einer faszinierend "spirituellen Dogmatik". Dr. Sissi Mettier schliesslich zeigte mit einem Gang durch die Kunstgeschichte auf, was Künstlerinnen und Künstler im Lauf der Jahrhunderte und bis heute von Franziskus' La-Verna-Erfahrung dargestellt und in sie hinein interpretiert haben. Professor Reinhold Esterbauer, der an der Universität Graz Philosophie lehrt, brachte in seinem Workshop Emmanuel Levinas ins Gespräch mit Schwestern, Brüdern, sozial Engagierten OFS-Mitgliedern und Jugendlichen auf dem Weg zur Firmung: Mit seinem dialogischen Nachdenken erinnerte der Grazer an griechische Philosophen auf der Agora von Athen. Br. Dr. Paul Zahner eröffnete Einblicke in die mystische Theologie, die Bonaventura in einem grossartigen Lehrgebäude auf eine Stigmata-Erfahrung baute, über die Franziskus kein Wort verloren hatte.
Das Podium der referienden Gäste verlief derart spannend, dass Eugen Trost als Moderator gegen Ende der Stunde nur noch wenige Nachfragen und Impulse aus dem Saal einbeziehen konnte. Der geschwisterliche Charakter der Tagung mit sechzig lebhaft Interessierten, lebhaften Begegnungen und reichem Erfahrungsaustausch quer durch verschiedenste Lebensweisen beeindruckte auch die beteiligten Gelehrten. Und dass Geschwisterlichkeit Freimut nicht ausschliesst, zeigt eine köstliche Reaktion auf dem Podium: auf die Frage "Habe ich Ihre Frage beantwortet?" antwortete die Fragestellerin: "Nicht wirklich, doch habe ich einiges über Sie erfahren".
Am Vormittag begleiteten Nadia Rudolf von Rohr und Br. Niklaus Kuster Franziskus auf den Berg La Verna. Was geschah da in jener sommerlichen Auszeit zwischen Mitte August und Ende September 1224? Der Lobgesang auf den "höchsten Gott" (Laus Dei Altissimi), vom Poverello damals auf dem Berg eigenhändig verfasst und mit dem Originalpergament erhalten, deutet auf eine "franziskanische Taborerfahrung" hin. Wie der Tabor am Anfang von Jesu Weg nach Jerusalem und in die Passionszeit steht, ermutigte eine einzigartig lichtvolle Erfahrung auch Franziskus an der Schwelle zu seinen letzten zwei Jahren, die im Zeichen seiner sich verschlimmernden Krankheiten und schwerer Leiden standen. Dass der Bruder von La Verna ermutigt und - wie der Biograf aus Celano schreibt - "mit Feuereifer" aufbrach und dann zwei Jahre erstaunlich kreativ und handlungsfähig blieb, zeugt für die Kraft mystischer Erfahrungen.
Das Foto von der Abendsonne, die das berühmte Kreuz auf der Terrasse vor dem alten Kloster La Verna erstrahlen lässt - von Niklaus Ende August diesen Sommer geknipst - steht für einen neuen Lichtglanz, in den die Tagung für viele den "heiligen Berg" der Franziskaner getaucht hat.
Zwei Blicke, die genau 800 Jahre nach Franziskus unterwegs nach und von La Verna entstanden:
Der Blick vom Poggio Tre Vescovi nach Süden auf den markanten Felsrücken "zwischen Tiber und Arno", wie Dante sagte:
und der Blick vom Monte Calvano, im erstem Bild links vom La verna-Gipfel, Richtung Tibertal und bis zu Assisis Subasio: