Friede allen Menschen - 800 Jahre "Betlehem in Greccio"
Franz von Assisi hat im kleinen Dorf Greccio vor 800 Jahren Geschichte geschrieben. Weihnachten 1223 in einer Höhle war weit mehr als eine kreative Feier. Historiker haben von einer kulturellen, pastoralen und liturgischen Innovation gesprochen, von einer Performance und vom Ursprung der Krippenkultur.
Eine Jubiläumstagung an der Paulusakademie Zürich hat im Advent näher hingeschaut. Franziskus hat in Greccio auch Friedenspoilitik betrieben: feinsinnig, der Bergpredigt verpflichtet und bewegend - in einer Zeit neuer Kriege! Wie sehr bräuchte die Welt heute solche Zeichen - und Brückenbauer wie den Poverello! Und wie ermutigend wirkte der Dialog zwischen Geschichte und Gegenwart an dieser Tagung - der jährlich weitere im Zeichen von 800 Jahren folgen werden.
Das Bild zeigt die Mitwirkenden der Greccio-Tagung, die unter dem Titel "Geboren am Weg" stand: Von rechts Br. Johannes Roth, Franziskaner und Bibliker an der Jesuitenhochschule St. Georgen in Frankfurt, Br. Mathias Müller, Franziskaner in der Zürcher Gassenarbeit, Sr. Christina Mülling, Franziskanerin und Bildungsverantwortliche der INFAG, Br. Paul Hinder, Kapuziner und Bischof in Arabien, sowie Br. Niklaus Kuster; Kapuziner, der für die verhinderte Leiterin des Ökumeneinstituts der Universität Luzern einsprang.
In der Podiumsdiskussion, die einem historischen Rückblick auf die Greccio-Feier und der Arbeit in Workshops folgte und von Br. Paul Zahner moderiert wurde, kam Sissi Mettier-Mangolz hinzu: Die Kunsthistorikerin brachte in ihrem Workshop Perlen aus 800 Jahren Krippendarstellung und Krippenkultur ein.
Blick in die "erste Reihe" von rechts: Dr. Veronika Bachmann begleitete als Gastgeberin und Bildungsleiterin der Paulusakademie durch den Nachmittag, Br. Dr. Paul Zahner sitzt neben ihr als Initiant der Tagung und Moderator, Br. Bischof Dr. Paul Hinder eröffnete Einblicke in sein Wirken als Brückenbauer zwischen Religionen und Ethnien auf der arabischen Halbinsel heute, Sr. Christina Mülling lud zu meditativer Vertiefung ins Weihnachtsgeschehen, und Br. Mathias Müller schilderte seine Erfahrungen mit Randständigen in Zürich, die einiges mit den Hirten von damals gemeinsam haben.
Blick in einen Workshop, der das Weihnachtsbotschaft "Friede allen Menschen" ökumemisch und interreligiös betrachtete: Franz von Assisi hat mit den lebendigen Tieren Ochs und Esel an der (leeren!) Futterrkrippe für damalige Menschen verdeutlicht, dass der in Betlehem verkündete Friede nicht nur einem Volk zugesagt ist, sondern "Juden und Nichtjuden", dem ersterwählten Volk und allen Völkern. Es gibt keine Kriege im Namen Gottes und keine Gewalt, die sich auf ihn berufen darf.
Wie kam es, dass auch die Kirche intolerant wurde, Andersgläubigen das Heil absprach und "Heilige Kriege" führte? Und wie kam es, dass die katholische Kirche ab 1986 die Leadership in der gemeinsamen Friedensarbeit der Welt- und Naturreligionen übernehmen konnte? und dass Papst Franziskus zusammen mit Grossimam Ahmed al-Tayyeb selbst die UNO überzeugte, von der "Geschwisterlichkeit aller Menschen" zu sprechen und diese einzufordern?
Und eine letzte Impression: Die rund 90 Teilnehmenden an der Tagung fanden im Foyer der Akademie eine Ausstellung unterschiedlicher Krippen, zu denen das Krippenmuseum von Stein am Rhein beitrug. Das Foto zeigt eine ebenso kleine wie ungewöhnliche Krippe: In einen Soldatenhelm hinein gestaltet, steht das Kind und seine Eltern für Gottes Liebe, die sich vor über 20o0 Jahren schutzlos in die Welt wagte: weil Liebe Nähe sucht, sich vertrauensvoll in menschliche Arme legt, auf Augenhöhe kommt, sich verletzlich macht - und warum: um menschlich mit Menschen gemeinsam Wege zu gehen und gemeinsam für eine gerechtere, menschlichere und friedlichere Welt einzustehen.
Wo würde Jesus heute geboren? im abgesperrten Betlehem? im eroberten Gazastreifen? unter ausgebeuteten christlichen Arbeiter:innen am Golf? oder auch viel näher? auf den Gassen Zürichs? oder wie Mutter Theresa es sagte: "wo immer Menschen in Not übersehen werden, in wuere eigenen Stadt, eurer Strasse, eurem Haus"?
Jubiläen wollen nicht Vergangenes feiern und verklären, sondern Geschichte ins Gespräch mit der Gegenwart bringen. Der Tagung zu 800 Jahren Betlehemin Greccio ist dies eindrücklich und vielfältig gelungen.